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Trusted Flagger unterminieren unsere Meinungsfreiheit

Ein Meinungsbeitrag unserer Generalsekretärin Petra Winkler

Wer in den letzten Tagen auf X (Twitter) und anderen Medien unterwegs war, an dem dürfte der Skandal um die „Trusted Flagger“ kaum vorbeigegangen sein. Der englische Begriff ist leicht zu deuten: Flag ist eine Flagge oder ein Signal, ein Flagger ist jemand, der ein Signal setzt, trusted bedeutet, diese Person oder Institution ist als vertrauenswürdig eingestuft.

Zu viel Meinungsfreiheit seit Corona?

In den letzten Jahren sind Internet und Social-Media geflutet worden mit rechten und linken, mit faktenbasierten und faktenfernen, mit vernünftigen und unvernünftigen Meinungen. Vor allem in der Corona-Zeit hat sich gezeigt, dass die Regierungen in aller Welt es nicht leicht hatten, ihre Bevölkerung vom Impfen zu überzeugen. Es gab zu viele Stimmen im Netz, die behaupten konnten, hinter der Pandemie stecke z.B. Bill Gates oder die Pandemie sei von irgendwelchen Mächten absichtlich inszeniert worden, um die Bevölkerung durch eine Impfung umzubringen, unfruchtbar zu machen oder anderweitig zu schaden.

Regierungen wollen Meinungsbildung steuern

Totalitäre Regime wie China oder Russland hatten es leicht: sie konnten nicht-regierungstreue Meinungen einfach weg zensieren und unter Strafe stellen. In Staaten, in denen weitgehende Meinungsfreiheit herrscht, war es für deren Regierungen ungleich schwieriger, ja unmöglich, die unliebsamen Meinungen und Verschwörungstheorien aus dem Netz zu halten. In Folge hat z.B. die US-Regierung die großen Plattformen wie Meta (Facebook) und Twitter (heute X) angewiesen, unliebsame Meinungen zu löschen oder per „shadowban“ quasi unsichtbar zu machen, damit sich regierungskritische Meinungen nicht viral verbreiten konnten.

Nachdem Elon Musk die Plattform Twitter übernommen hat, gab er die entsprechenden Daten an ein Journalistenteam um Matt Tabibi frei. Mit den veröffentlichten „Twitter Files“ wurde deutlich, wie stark hier in die Meinungsfreiheit eingegriffen worden war (siehe auch der Artikel in der WELT). Mit ein wenig Verspätung hat sich jetzt auch Marc Zuckerberg zu den Eingriffen der US-Regierung geäußert.

Die EU entwickelt den Digital Services Act – und Deutschland toppt das noch

Auch in der EU hat sich ein emsiger Beamten- und Politikapparat seine Gedanken gemacht, wie man recht eindeutige Desinformation (unter anderem auch von feindlich gesinnten Drittstaaten gezielt verbreitet) eindämmen könne. Das Ergebnis ist der Digital Services Act (DSA). Und wie bei vielen Vorgaben aus der EU war unsere Regierung sehr um eine übereifrige Umsetzung bemüht. Nur: in unserer nationalen Gesetzgebung geht es nicht mehr um Desinformation, sondern die Ampel-Regierung ist über das EU-Ziel hinaus geschossen und will außer „Fake News“ auch „Hate Speech“ verbieten. 

Das Problem dabei: das ist ein juristisch sehr schwammiger Begriff. In der Rechtsprechung gibt es bereits den Tatbestand der Beleidigung, z.B. wenn man per Tweet einem der Minister oder einem Politiker mitteilt, er oder sie wäre zu dumm für die Aufgabe. In diesem Fall (und es gab bereits mehrere Beispiele dieser Art) kann die betreffende Person eine Klage einreichen. Aber vermutlich gäbe es zu viele erfolglose Klagen, die noch von der Meinungsfreiheit gedeckt wären, daher wird es wohl als bessere Strategie betrachtet, solche Aussagen nicht lange stehen-, sondern direkt entfernen zu lassen. Und so lässt sich unter ominösen Begriffen wie „Hate Speech“ alles subsumieren, was den Mächtigen nicht gefällt. Der Gesslerhut ist dann nicht mehr weit. 

Deutschland hat den ersten Trusted Flagger zugelassen

Vor diesem Hintergrund mutet es seltsam an, wenn Klaus Müller (GRÜNE), seines Zeichens der Leiter der Bundesnetzagentur und damit Chef über die Strom-, Gas- und Telekommunikationsleitungen in diesem Lande, am 1. Oktober über X repostet, die Behörde habe mit der Organisation REspect nun den ersten Trusted Flagger installiert. Stolz wurde verkündet: „Plattformen sind verpflichtet, auf Meldungen von Trusted Flaggern sofort zu reagieren. Illegale Inhalte, Hass und Fake News können sehr schnell und ohne bürokratische Hürde entfernt werden.“ (Hervorhebungen vom Autor).

Der Aufschrei war entsprechend groß, auch einige Rechtswissenschaftler wie z.B. Arndt Diringer, Josef Lindner, Joachim Steinhöfel, Volker Boehme-Neßler und weitere meldeten sich zeitnah auf X zu Wort und beurteilten die Aktivitäten von Trusted Flaggern als Angriff auf die Meinungsfreiheit. 


Hier einige Screenshots von Beiträgen auf X, es ist nur ein kleiner Ausschnitt von insgesamt sehr vielen Reaktionen – aber keine Sorge, sobald Regierungskritik ganz verboten ist (weil gemeinwohlschädlich), wird auch das nicht mehr möglich sein und entfernt werden müssen:


Der Staat gibt die Zensur in die Hand privater Organisationen

Mit dieser Vorgehensweise kann Klaus Müller natürlich behaupten, dass seine Netzbehörde keine Zensur ausübe, denn missliebige Beiträge werden ja von den Trusted Flaggern gemeldet und müssen dann von den Plattformbetreibern entfernt werden. Ein Nutzer, der damit nicht einverstanden ist, kann natürlich vor Gericht dagegen klagen.

Nur: Wie viele Nutzer werden Zeit, Kosten, Aufwand und Nervenkraft investieren, um sich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung in diesem Fall vor Gericht einzuholen?

Auf diese Weise könnte man alle relevanten Plattformen von missliebigen Meinungen zu Migrations- oder Klimapolitik, zu Bildungs- oder Wirtschaftspolitik oder zu anderem Regierungshandeln bereinigen, die in ihrer Wirkweise einer Zensur kaum nachsteht.

Besonders pikant: Der Chef des Trusted Flaggers REspect

Als ob das alles nicht schon schlimm genug wäre, hat das Rechercheteam von NIUS aufgedeckt, wer sich denn hinter dem ersten zugelassenen Trusted Flagger REspect verbirgt: der Leiter der Initiative REspect ist „Islamwissenschaftler“, der an einer als konservativ bekannten islamischen Universität studiert hat und der bis in die jüngere Vergangenheit zu Vertretern der islamistischen Muslimbruderschaft enge Kontakte gepflegt hat. Es ist zu befürchten, dass Kritik am Islam oder zum Kopftuch als Hassrede oder als Fake News „geflaggt“ wird und von den Plattformen zu entfernen ist. Damit würde die Meinungsfreiheit klar zugunsten einer Religion beschnitten. Wenn man das liest, dann kommt einem die Redewendung „den Bock zum Gärtner machen“ in den Sinn.

Trusted Flagger als Widerspruch zum Verfassungsrecht

Was vom Gesetzgeber mit einer rechtsstaatlichen Fassade versehen worden ist, entpuppt sich mit einem Blick auf den Hintergrund als der Einstieg zur Abschaffung der Meinungsfreiheit. Das Schlimme dabei: Während früher durch Gerichte entschieden werden musste, ob ein Beitrag noch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist oder bereits rechtswidrig in die persönliche Diffamierung und Beleidigung reicht, wird eine solche Einstufung heute von Personen verantwortet, die nach Gutdünken, um nicht zu sagen Willkür, entscheiden. Auch bislang legale Inhalte können damit, weil politisch nicht erwünscht, nahezu zum Verstummen gebracht werden!

Unsere demokratischen Grundrechte werden von dieser Regierung, der Bundesnetzagentur und den von ihr zugelassenen Trusted Flaggern definitiv ausgehöhlt! Da nützt es auch nichts, wenn Klaus Müller zurückrudert und behauptet, das wäre doch alles gar nicht so schlimmDiese Art von „Niemand hat die Absicht, eine Zensur einzuführen“ erinnert sehr an das bekannte Zitat „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen“.

Vor rund fünfzehn Jahren hat das Bundesverfassungsgericht betont, wie wichtig der freie Diskurs für eine Demokratie ist. Ein freier Diskurs ist jedoch gar nicht möglich, wenn eine Seite im staatlichen Auftrag alle nicht genehmen Beiträge löschen lässt. Insofern wäre diese Aktion unserer Bundesregierung als verfassungsfeindlich einzustufen. Es wird Zeit für eine neue, eine bessere Regierung, die dafür sorgt, dass diese Meldestellen wieder abgeschafft werden!


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