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Milei und Musk wagen?

Ein Meinungsbeitrag unsere Bundesvorsitzenden Jürgen Joost.

Ich hatte die Gelegenheit, beide aus der Nähe zu erleben: Elon Musk kurz vor Weihnachten letzten Jahres in Rom als Gast von Giorgia Meloni beim Atreju, dem Politik- und Kulturfestival von Fratelli d’Italia, und Javier Milei Ende Mai in Madrid. 

Javier Milei: Pampa-Messias mit Strahlkraft

Javier Milei ist eine ebenso schillernde wie faszinierende Persönlichkeit. In Madrid hat er mehrere tausend Menschen in einer früheren Stierkampfarena in Madrid binnen weniger Augenblicke zum Kochen gebracht: zu Beginn dreimal „Viva la libertad, carajo!“ gebrüllt, dabei jedes Mal die Faust emporgestreckt, und die Arena hat gebebt. Ein mitreißender Redner und ein Volkstribun, wie er im Buche steht.

Allerdings ist Argentinien nicht Deutschland. Das einstmals reiche Land am Rio de la Plata wurde über Jahrzehnte bis auf den Boden heruntergewirtschaftet. Es gibt keine Checks and Balances, keine organisierten Gruppen, die für einen gesellschaftlichen Interessenausgleich eintreten. Korruption und Unfähigkeit haben die argentinische Wirtschaft und früheren Wohlstand nach tiefem Fall zerschellen lassen. In dieser hoffnungslosen Situation, in der es so gut wie nichts mehr zu verlieren gibt, erscheint Milei als letzte Hoffnung, dem einen oder anderen gar als eine Art Messias. 

Die Angst der Staatsgläubigen

Tatsächlich ist es ihm gelungen, die galoppierende Inflation binnen kürzester Zeit massiv zu senken. Ob es ihm gelingt, einen dauerhaften wirtschaftlichen Aufschwung herbeizuführen, von dem nicht nur wenige, sondern zumindest die große Mehrheit der Argentinier profitieren, werden die nächsten Jahre zeigen. Dabei ist ihm aller Erfolg zu wünschen, denn sollte dies nicht gelingen, werden Enttäuschung und soziale Verwerfungen das Land in die nächste existentielle Krise werfen. 

Die geradezu geifernden Anfeindungen gegenüber Javier Milei rühren auch von der Angst der Linken her, er könne im Laborversuch Argentinien den Beweis antreten, dass Sozialismus Wohlstand vernichtet und nur Kapitalismus in der Lage ist, Wohlstand zu schaffen. Komisch eigentlich, dieser Beweis wurde bereits x-mal erbracht, aber die sozialistische Seuche scheint das Wesen eines Zombies zu besitzen.

Unterschiede im Freiheitsbegriff

Der Freiheitsbegriff eines Javier Milei ist kein klassisch liberaler, bei dem Freiheit unlösbar mit Verantwortung verbunden ist. Er ist vielmehr radikal-libertär, sein Staatsverständnis zutiefst negativ. Milei will das Bestehende zerstören: Abrissbirne statt Reformen, Kettensäge statt Astschere.

In Mileis Verständnis von Marktwirtschaft hat das Wort „sozial“ keinen Platz. Er predigt einen anarcho-libertäre Variante der Marktwirtschaft, sozusagen ein Revival der „Manchesterkapitalismus“, dessen Auswirkungen und Ausbeutungsmechanismen wiederum Marx und Engels zu ihrem Werk „Das Kapital“ veranlasst haben und letztlich als Gegenreaktion im kommunistischen Manifests gemündet sind – mit allem, was daraus an Schrecken für die Menschheit resultiert ist. 

„Wohlstand für alle“ – Soziale Marktwirtschaft als ordo-liberales Gegenmodell

Als eine wichtige Erkenntnis hat sich die ordo-liberale Wirtschaftstheorie entwickelt, die als besonders erfolgreiche Ausprägung die „Soziale Marktwirtschaft“ hervorgebracht hat, wie sie von Walter Eucken, Alfred Müller-Armack und in der politischen Umsetzung von Ludwig Erhard geprägt worden ist. Dies war der Erfolgsmotor der Bundesrepublik Deutschland, der bereits unter Merkels CDU-Führung ins Stottern gebracht und danach von der Ampel abgewürgt worden ist.

Das Versprechen, das über Jahrzehnte den Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland beflügelt hat, war der von Ludwig Erhard propagierte „Wohlstand für alle“. Dieses Versprechen gilt es zu erneuern, und zwar durch die Wiederherstellung einer nicht durch Überregulierung und Staatsinterventionismus entstellten Sozialen Marktwirtschaft. Dafür steht Milei eben nicht.

Was uns eint: Freiheit statt Sozialismus

Wofür er aber steht und was uns wiederum eint, ist das Primat der Freiheit als Gegenmodell zu Sozialismus, Etatismus, Dirigismus. Ob Milei in seiner Radikalität dabei weit über das Ziel hinausschießt, lässt sich für Deutschland wahrscheinlich mit „ja“ beantworten. Wir spielen derzeit in der zweiten Liga, mit Merz können wir sie mit Glück halten, mit Scholz oder Habeck ist die Drittklassigkeit gewiss. Die Operation „Wiederaufstieg“ wird vermutlich erst unter ganz anderen Vorzeichen ab 2029 starten. Für Argentinien, das bereits in die Kreisklasse C abgestürzt ist, ist Milei wahrscheinlich die letzte Chance, in absehbarer Zeit überhaupt wieder auf die Beine zu kommen.

Milei weist also in die richtige Richtung, ein Vorbild für Deutschland in Gänze ist er jedoch keineswegs. Wenn man den Ansatz wählt, dass der deutsche Bürokratiedschungel nicht mit minimalinvasiven Eingriffen zu bekämpfen ist, dann ist Milei auch in seiner Radikalität allemal besser als das Nichtstun der aktuellen feigen politischen Klasse. 

Die liberal-konservative Relativierung lautet: Man soll das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.

Elon Musk: der personifizierte Schrecken der Linken und „Woken“

Elon Musk habe ich vor knapp einem Jahr in Rom erlebt. Es war ein etwas skurril anmutender Auftritt mit Sohnemann X Æ A-12, Rufname X, auf den Schultern bei einem Interview zum Thema Familienpolitik. Er war witzig und unterhaltsam und inhaltlich hatte alles, was er zur Notwendigkeit einer aktiven Familienpolitik gesagt hat, Hand und Fuß. Man muss ihn ja nicht nur an der Namensgebung für seine Kinder messen. Würde er das SAFE-Konzept von WIR BÜRGER lesen, dürfte er an der familienpolitischen Komponente ebenso viel Freude haben wie am radikalen Abbau der Steuer- und Wohlfahrtsbürokratie durch Vereinfachung. 

Dass Elon Musk jetzt im Auftrag Donald Trumps die USA entbürokratisieren soll und vor allen Dingen auch will, ist ebenso spannend, wie Mileis argentinisches Experiment. Nach allem, was bekannt ist, geht es um Straffung, Beseitigung von Doppel- und Mehrfachstrukturen und die Überprüfung der Sinnhaftigkeit staatlicher Aufgaben. Alles Herausforderungen, von denen wir wünschen würden, dass auch eine von Friedrich Merz geführte Bundesregierung sie anpacken würde – und gleichzeitig stellen wir schon jetzt resigniert fest, dass dies allenfalls halbherzig und ohne die erforderliche Konsequenz geschehen wird. 

Das Bürokratiebeseitigungs-X-periment

Es ist vollkommen absehbar, dass sich Elon Musk nicht im Geringsten um die Rechtfertigungen von Beamten und Funktionären für ihr Dasein scheren wird. Von innen heraus ist Bürokratie nicht reformierbar – das gilt in Amerika genauso wie in Deutschland. Bürokratieabbau wagen? Aber ja. Mit durchsetzungsstarken, führungserfahrenen Persönlichkeiten von außen? Zweimal ja. Also hinsichtlich der Entschlackung staatliche Strukturen Musk wagen? Ja, ja, ja!

Das die Ergebnisse manchem Betroffenen und manchem Staatsgläubigen nicht schmecken werden, geschenkt. Wenn nicht alles den Bach runtergehen soll, muss die Zeit der Rücksicht auf Befindlichkeiten und Besitzstandswahrung vorbei sein. 

Schafft Musk die Bürokratie oder schafft die Bürokratie Elon Musk?

Zweifel an Musks Fähigkeiten habe ich nicht, allenfalls Zweifel an seiner Geduld. Ich wünsche uns allen, dass er den Beweis schafft, dass man Bürokratie besiegen kann und danach vieles besser ist. Ich hoffe, dass er die Bürokratie besiegt und nicht am Ende die Beharrungskräfte der Bürokratie ihn. 

Natürlich ist Elon Musk kein Altruist. Er will, dass die Vereinigten Staaten wirtschaftlich brummen, weil es dann es bei ihm ebenfalls brummt. Wenn am Ende alle davon profitieren, wo ist das Problem?

Blaupausen für Deutschland

Eine wild wuchernde Bürokratie erstickt und lähmt Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Keine einzige der etablierten Parteien hat dagegen bislang irgendetwas unternommen. Den Wahlkampfreden glaubt kein Mensch. Wenn wir es jedoch nicht schaffen, die Bürokratie bis auf das wirklich notwendige Maß zurückzuschneiden, droht unser Wohlstand vor die Hunde zu gehen. 

Da es in Deutschland gibt es keine glaubwürdigen Vorreiter des Bürokratieabbaus gibt, sollten wir beiden – Elon Musk ebenso wie Javier Milei – bei ihrem Kampf gegen verkrustete Strukturen allen erdenklichen Erfolg wünschen. Damit wir auch in Deutschland erkennen, was geht. Damit die deutschen Angsthasen mutig werden.

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